Quelle: Bertelsmann

  • Hamburg behält "Rote Laterne" in der Krippenbetreuung
  • Hamburger Personalschlüssel im Krippenbereich im west-deutschen Vergleich weiter auf den letzten Platz und schlechter als der Bundesdurchschnitt - Kita Qualität trotz Ausbau noch nicht kindgerecht
  • Zur bleibenden Verbesserung des Betreuungsschlüssels: Bund in die Verantwortung nehmen und Mittel aus dem "Gute-Kita-Gesetz" verstetigen

Am Donnerstag, 26. September 2019, hat die Bertelsmann-Stiftung ihren neuen Ländermonitor Frühkindliche Bildung vorgestellt. Zum Stichtag 1. März 2018 wurde errechnet, dass sich die Betreuungssituation für die Krippenkinder in Hamburg geringfügig verbessert hat. Dies ist erfreulich.

Allerdings behält Hamburg weiterhin die "Rote Laterne" bei der Krippenbetreuung im Vergleich der west-deutschen Länder und steht schlechter als der Bundesdurchschnitt dar. Es wird wirklich Zeit dieses „Siegertreppchen“ zu räumen.

„Wieder einmal ist Hamburg Schlusslicht und wird die rote Laterne bei der Krippenbetreuung nicht los“, kritisiert LEA Vorstandsmitglied Matti Pristinger und LEA Vorstandsmitglied Michael Thierbach ergänzt: „Alle anderen west-deutschen Bundesländer liegen zwischen 1 zu 3,0 bis 3,8 und nähern sich den wissenschaftlichen Empfehlungen an. Davon ist Hamburg leider noch weit entfernt“.

Betrachtet man den Qualitätsausbau der letzten Jahre und vergleicht Hamburg mit Schleswig-Holstein, zeigt sich, dass sich der Qualitätsunterschied im Krippenbereich kaum verringert hat. So muss sich in Hamburg eine Fachkraft um mehr Krippenkinder kümmern als im Nachbarland: Schleswig-Holstein, hier liegt der Mittelwert bei 1 zu 3,7.

Im Elementarbereich sieht es nicht ganz so katastrophal aus, Hamburg hat sich weiter nach oben gearbeitet und liegt hier bundesweit jetzt auf Platz 3. Dieser Trend ist sehr erfreulich. Trotz der positiven Nachricht. Der Personalschlüssel liegt auch hier weiterhin unterhalb der wissenschaftlichen Empfehlungen.

FAKT ist:  Die Betreuungssituation ist weiterhin nicht kindgerecht 
                  und stellt somit auch eine hohe Belastung für die Fachkräfte dar.

Und zur Klarstellung:

Die ermittelten Werte sind rechnerische Werte. Die Realität sieht anders aus.
Vorhandenes Personal fehlt aufgrund von Krankheiten, Urlaub, Fort- bzw. Weiterbildungen. Und wenn die Fachkräfte in der Einrichtung anwesend sind, stehen diese den Kindern nicht immer unmittelbar z. V. Sie erfüllen weitere wichtige Aufgaben: führen Elterngespräche, erstellen Dokumentationen usw. Der Einigung mit der Volksinitiative „Mehr Hände für Hamburger Kitas“, die der LEA unterstützt hat, ist es zu verdanken, dass vereinbarte Maßnahmen vorgezogen wurden. Aber keine Verhandlungsergebnisse ohne Entgegenkommen bzw. Kompromisse. Es konnten keine Werte bzw. Zeiten für Vertretungen und die mittelbare pädagogische Arbeit hinterlegt werden. Diese Chance hätte sich bei der Ausgestaltung des Vertrages zum „Gute-Kita-Gesetz“ ergeben können, wenn – wie vom Bund vorgesehen – die  Akteure vor Ort mit beteiligt worden wären. In der aktuell vorgelegten Studie wird betont, dass wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass rund ein Drittel der Arbeitszeit einer Erzieherin für Aufgaben außerhalb der pädagogischen Praxis benötigt wird. Werden diese Werte mit berücksichtigt, stellt sich die reale Betreuungssituation noch ungünstiger dar, als in der Studie ausgewiesen – spiegelt aber die Realität besser wieder.

Stichtag  März 2017  März 2018 Berücksichtigung Arbeitszeit
nicht direkt am Kind
Bertelsmann
Empfehlung
   rechnerische  Werte    
 Krippe (unter 3 J.)  1 zu 5,2  1 zu 4,8  1 zu 7,1  1 zu 3,0
 Elementar  1 zu 8,4  1 zu 8,1  1 zu 12,1  1 zu 7,5

 

Kurz gesagt: Mit diesen Werten hat Hamburg weiterhin keinen kindgerechten Personalschlüssel erreicht.

Wir erkennen an, dass sich die Personalsituation in Hamburg langsam verbessert. Aber noch immer gibt es große Qualitätsgefälle innerhalb der Bezirke / der Stadtteile.

In Hamburg werden gut 40 % der Krippen-Kinder altersgemischt mit Elementarkinder betreut. In einigen dieser Gruppen sind die Personalschlüssel für die jüngeren Kinder im Vergleich schlechter als für die klassischen Krippengruppen (statt rechnerisch 1 zu 4,8 dann 1 zu 6,6 bzw. 7,8).

Dazu kommt, dass in mehr als die Hälfte der Elementargruppen ganz klar mehr als acht Kinder von einer Fachkraft betreut werden. Der Forderung von Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, können wir uns daher nur anschließen: „Beim weiteren Ausbau müssen kindgerechte Personalschlüssel überall in Hamburg erreicht werden“ und weiter: „Die Personalausstattung muss in jeder Betreuungsform kindgerecht sein“.

Um das Ziel einer kindgerechten Betreuung zu erreichen sind in Hamburg mindestens 3.100 zusätzliche Fachkräfte notwendig. Davon entfallen gut 160 Vollzeitstellen auf den Elementarbereich. Dies sind in etwa knapp 5 %. Gut  95 % bzw. fast 2.950 Vollzeitstellen auf den Krippenbereich.

Dies umzusetzen stellt alle Beteiligten vor große Herausforderungen. Die Situation ist seit Jahren angespannt. Der Fachkräftebedarf steigt kontinuierlich an, dazu kommt der reguläre Ersatzbedarf. Personal zu gewinnen und dann auch zu halten gelingt nur, wenn die Arbeitsbedingen stimmen.

Gut ist, dass sich Hamburg auf den Weg gemacht diese Probleme in den Griff zu bekommen. Es wurden Maßnahmen ergriffen, um mehr Personen für das Berufsfeld zu begeistern: Junge Menschen, aber auch Jene, die bereits andere berufliche Erfahrungen aufweisen (Quereinsteiger). Diese Maßnahmen zeigen erste Erfolge. Aber es muss darauf geachtet werden, dass diese Maßnahmen nicht zu Absenkungen im Qualitätsniveau führen.

Hamburg wie auch die anderen Länder dürfen bei Ihren Bemühungen zu Verbesserungen im frühkindlichen Bereich vom Bund nicht allein gelassen werden.

Der Bund hat mit der Einführung des „Guten-Kita-Gesetzes“ den ersten Aufschlag gemacht. Den Ländern stehen für vier Jahre von 2019 bis 2022 5,5 Milliarden z. V. Auf Hamburg entfallen dabei 121 Millionen, die für das Handlungsfeld „Guter Betreuungsschlüssel“ verwendet werden. Finanziert werden dabei nur Maßnahmen, die bereits im Vorfeld beschlossen wurden.

Wichtig ist, dass die Bundesmittel aus dem „Gute-Kita-Gesetz“ den Kitas langfristig zur Verfügung stehen und nicht nach den vier Jahren versiegen.

Bei der Vertragsunterzeichnung am 7. August in Hamburg deutete Bundesfamilienministerin Giffey an, dass sie sich dafür einsetzt, das sich die Beteiligung des Bundes verstetigen soll, sprich, dass auch nach 2022 Mittel in die Länder fließen.

Dies ist ganz klar der richtige Schritt und wir fordern von den Regierenden Parteien
hier schnellstmöglich, dass den Worten auch Taten folgen.

Die trägt sehr zur Planungssicherheit für die Kitas, Träger und Verbände, aber auch für die Erzieher*innen bei. Und ist auch im Interesse der Eltern!

Zur Verbesserung des Betreuungsschlüssels sind in Hamburg langfristige Maßnahmen erforderlich, deren Finanzierung aber auch nach 2022 sichergestellt sein muss.

Hier sehen wir auch den Bund ganz klar weiterhin in der Verantwortung.

 

Link zur Studie: https://www.laendermonitor.de/de/startseite/ /